In der Bundesrepublik Deutschland hatte bis heute keine andere Intellektuellengruppe einen ähnlich großen Einfluß wie die sogenannte »Frankfurter Schule«, zu der gewöhnlich Max Horkheimer, Theodor W. Adorno, Herbert Marcuse und der um eine Generation jüngere Jürgen Habermas gezählt werden. Auch andere Hochschullehrer hatten ihr Fachpublikum, ihre akademischen Schüler und fanden öffentliche Resonanz außerhalb der Hochschulen. Aber nur die Frankfurter Schule vermochte mit der Protestjugend von 1968 eine ganze Generation und über sie die politische Kultur der Bundesrepublik zu beeinflussen. Erschien die Bundesrepublik bis weit in die sechziger Jahre hinein als ein staatliches Provisorium innerhalb einer wider Willen geteilten Nation, so fand sie im Jahrzehnt darauf als »postnationale« westliche Demokratie zu einer eigenen politisch-kulturellen Identität, welche auch im nationalstaatlich geeinten Deutschland Bestand hat.