Nur wenige Figuren der Geschichte haben die Phantasie der Nachwelt so anhaltend beschäftigt wie Kleopatra. Das illustriert ein Ausstellungskatalog, der das Bild der ägyptischen Königin im Spiegel der westlichen Kunst untersucht - bei aller Seriosität ein außerordentlich unterhaltsames Unterfangen. Obwohl die Maler das Thema immer wieder aufgegriffen haben, hat sich erstaunlicherweise kaum eine eigenständige Kleopatra-Ikonografie herausgebildet. Der Katalog geht mit einer Vielzahl inspirierender Texte und einer Fülle von Bildern das Thema von den verschiedensten Seiten an. Insgesamt macht er deutlich, dass der Mythos Kleopatra sich immer schon als eine ideale Grundform anbot, die jede Zeit mit ihren eigenen Phantasien rund um Erotik, Schönheit, Ehre, Intrige, Macht und Tod ausschmücken konnte. Das gilt insbesondere natürlich auch für die Orientalisten des 19. Jahrhunderts, die ihre erotisch-luxuriösen Orientphantasien mit Hilfe von Kleopatra um eine mythische Dimension erweitern konnten. Und noch im 20. Jahrhundert erlebt Kleopatra alias Elisabeth Taylor ein spektakuläres Revival, das wiederum andere Künste wie Theater, Mode, Schmuckkunst und selbst Andy Warhol inspirierte. Ein grandiose Publikation, die - dank ihres herausragend gedruckten Bildteils - auch den des Französischen nicht Mächtigen im vergleichenden Sehen schult. (Text franz.)
